AllianceBernstein | Fed-Sitzung offenbart tiefe Risse
Eric Winograd, Chief US Economist bei AllianceBernstein
Investmentfonds.de - Die jüngste Zinssenkung der Fed um 25 Basispunkte auf 3,50–3,75 Prozent war zwar vom Markt erwartet worden, fiel im FOMC aber ungewöhnlich umstritten aus. Drei Gegenstimmen – von Übergangsgouverneur Miran, der für eine stärkere Senkung plädierte, sowie von Goolsbee und Schmid, die für unveränderte Zinsen votierten – unterstreichen, wie groß die Unsicherheit über den richtigen Kurs zwischen Inflationsbekämpfung und Wachstumssicherung inzwischen ist. Für Investoren ist damit weniger der einzelne Zinsschritt entscheidend, sondern die wachsende Heterogenität im Komitee, die den Kurs der Geldpolitik künftig volatil(er) machen könnte.
Die Fed (FOMC) hat heute – wie erwartet – ihren Leitzins um 25 Basispunkte auf eine Spanne von 3,50–3,75 Prozent gesenkt. In der begleitenden Erklärung findet sich ein erster Hinweis darauf, dass im Januar eher mit einer Zinspause zu rechnen ist. Das Komitee betont, „Ausmaß und Timing“ weiterer Zinsschritte würden von den Daten abhängen – eine Formulierung, die in der letzten Erklärung noch fehlte und in der Vergangenheit häufig als Signal für eine abwartende Haltung diente.
Die anschließende Pressekonferenz von Fed-Chef Powell hat diese Interpretation untermauert. Er wies mehrfach darauf hin, dass der Leitzins inzwischen in einer breiten Spanne der Schätzungen des neutralen Zinsniveaus liege und die Fed damit „gut positioniert“ sei, um zunächst abzuwarten, wie sich die Konjunktur entwickelt. Das ist zwar kein explizites Versprechen, im Januar nicht zu senken, aber ein klarer Hinweis darauf, dass die Basiserwartung der Fed derzeit eine Pause bei der nächsten Sitzung ist.
Was könnte die Fed zu weiteren Zinssenkungen veranlassen?
Vor allem eine zusätzliche Abschwächung am Arbeitsmarkt. Seit September gab es keinen neuen Payroll-Bericht, und sollten die Daten bis Ende Januar auf eine weitere Eintrübung des Arbeitsmarktes hindeuten, könnte das Komitee ohne Weiteres erneut senken. Aus unserer Sicht dürfte die Arbeitsmarktschwäche überzeugend genug sein, um die Fed in den kommenden Monaten zu weiteren Senkungen in Richtung 3 % und perspektivisch auch darunter zu veranlassen. Angesichts der Datenunsicherheit sind mittel- bis längerfristige Prognosen derzeit jedoch mit erheblichen Fragezeichen behaftet.
Selbst wenn der Arbeitsmarkt widerstandsfähiger bleibt als erwartet, spricht viel dafür, dass die Fed im Laufe des Jahres 2026 weiter lockert. Das „Dot Plot“ zeigt, dass alle bis auf drei Mitglieder des FOMC für 2026 mit niedrigeren Leitzinsen rechnen – wenn auch in sehr unterschiedlichem Ausmaß. Hält der Arbeitsmarkt durch, wird das Tempo der Lockerung maßgeblich vom Disinflationspfad bestimmt. Sobald die Effekte der höheren Zölle aus den Jahresraten herausfallen, sollte die Inflation weiter nach unten tendieren und der Fed damit Spielraum für zusätzliche Zinssenkungen eröffnen.
Drei Gegenstimmen – auch wieder von Gouverneur Stephen Miran
Die heutige Entscheidung war innerhalb des FOMC umstritten. Es gab drei Gegenstimmen: Übergangsgouverneur Miran votierte – wie schon bei der letzten Sitzung – für eine stärkere Senkung um 50 Basispunkte. Die Präsidenten der Regionalnotenbanken Goolsbee und Schmid stimmten für unveränderte Zinsen. Das Dot Plot für 2025 zeigt zudem, dass sechs Mitglieder des FOMC eine Zinssenkung zum jetzigen Zeitpunkt grundsätzlich abgelehnt hätten; darunter dürften sowohl die heutigen Abweichler als auch nichtstimmberechtigte Regionalvertreter gewesen sein.
Historisch hatten abweichende Stimmen („Dissents“) oft wenig praktische Bedeutung. Sollte der nächste Fed-Vorsitzende jedoch weniger glaubwürdig oder weniger unabhängig agieren, könnten die Abstimmungsmuster im FOMC künftig an Relevanz gewinnen. Sollte der oder die Vorsitzende als politisch getrieben wahrgenommen werden, ist es denkbar, dass das Komitee sich einer entsprechenden Linie widersetzt. Noch sind wir nicht an diesem Punkt, aber aus Investorensicht ist dies ein Risikofaktor, den es im Auge zu behalten gilt.
Neben der Zinsentscheidung hat das FOMC heute zudem signalisiert, dass die Bilanz der Fed wieder moderat ausgeweitet werden soll, um „ausreichend“ Reserven im System sicherzustellen. Dieser Schritt kam nicht überraschend, auch wenn einige Marktteilnehmer eher mit einem Start im Januar gerechnet hatten. Wichtig ist: Dabei handelt es sich nicht um eine geldpolitische Lockerung im Sinne von Quantitative Easing (QE), sondern um eine operative Maßnahme im Reservemanagement, die die reibungslose Funktionsweise der Geldmärkte sicherstellen soll. Es ist normal, dass die Fed-Bilanz nominal wächst; sinnvoll ist die Betrachtung im Verhältnis zum BIP – und dieses steigt kontinuierlich. Damit wächst auch die Passivseite der Fed-Bilanz, sodass im Gleichgewichtszustand die Aktivseite nachziehen muss. Zu diesem Zweck wird die Fed wieder in normalem Umfang Treasury Bills erwerben und zunächst rund 40 Mrd. US-Dollar pro Monat am T-Bill-Markt investieren. Diese Entscheidung sollte – abgesehen von den Geldmärkten und dem sehr kurzen Ende der Zinskurve – keine nennenswerten Auswirkungen auf die übrigen Märkte haben.
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