HSBC: One-on-One mit Mandy Chan
Mandy Chan, Fondsmanagerin des HSBC GIF Chinese Equity
Köln, den 15.02.2011 (Investmentfonds.de) - F: Haben Sie das Portfolio verändert,
nachdem Sie Ende Januar das Management des HSBC GIF Chinese Equity übernommen
haben?
A: Ich habe bisher keine einschneidenden Änderungen vorgenommen; plane aber,
bei Finanztiteln kurzfristig unterzugewichten. Der Fonds bleibt bei Finanzwerten
untergewichtet – auch wenn sie fast 40 Prozent der Benchmark, dem MSCI China 10/40
Index, ausmachen. Die Bankenaufsicht China Banking Regulatory Commission (CBRC)
wird voraussichtlich den Banken verschärfte Regeln für Kredite an Kommunal-
regierungen auferlegen, da das Kreditwachstum 2010 extrem hoch war. Wir denken,
dass die Banken nach der Bekanntgabe ihrer Zahlen für das erste Quartal ihre
Gewinnprognosen aufgrund steigender Kreditkosten und einem höheren Kapitalbedarf
senken könnten. Danach wären die Unsicherheiten beseitigt, und der Bankensektor
kann neu bewertet werden. Im zweiten Halbjahr betrachten wir Banken wohl opti-
mistischer, bleiben jetzt aber noch untergewichtet.
Für die Konsumbranche bleiben wir bullisch, reduzieren aber weiterhin unseren Anteil
an Unternehmen aus dem Lebensmittelsektor, bevor die Firmen ihre Ergebnisse
verkünden. Der Grund dafür sind die vor allem im vierten Quartal gestiegenen Kosten
für Rohstoffe und Verpackung, die den Druck auf die Margen der Konsumgüterhersteller
erhöhen.
Zwischenzeitlich investieren wir stärker in Sektoren, die sich in einer Schwächephase
befinden. Wir haben drei solcher Sektoren identifiziert, die sich bis ins Jahr 2012
in einem strukturellen Aufwärtstrend befinden sollten. Das ist erstens die Petrochemie:
Das begrenzte Angebotswachstum in Asien und die stabile Nachfrage aus China sorgen
für höhere Margen im Chemiebereich. Zweitens setzen wir auf den Zementsektor: Die
chinesische Regierung hatte den Zementunternehmen im November 2009 verboten,
ihre Kapazitäten auszuweiten. Als Konsequenz kann die Leistung dort nicht gesteigert
werden. Daher erwarten wir weiter anziehende Zementpreise – vorausgesetzt, dass die
Anlageinvestitionen in den nächsten beiden Jahren zweistellig zulegen werden. Der
dritte Sektor ist die Containerschifffahrt: Den meisten Befrachtern fehlen Kapazi-
täten, da der Ausbau während der Finanzkrise 2008 verschoben wurde. Charter- und
Frachtraten sollten mit der Erholung in den USA steigen. Wir glauben, dass das
Wirtschaftswachstum der USA den Markt positiv überraschen wird. Daher möchten
wir in diesen Sektor investieren, den Investoren in den vergangenen Jahren weitgehend
vernachlässigt haben.
F: Wie würden Sie Ihren Investmentstil beschreiben? Beabsichtigen Sie, die Portfolio- strategie oder die Investmentphilosophie des Fonds zu verändern? A: Der Fonds wird auch weiterhin eine Bottom-up-Aktienauswahl und eine aktive Sektor- allokation als Alpha-Quellen nutzen. Wir werden zum einen Titel, von denen wir fest überzeugt sind, noch stärker gewichten. Dabei hilft ein strikter interner Research- Prozess sowie eine enge Zusammenarbeit mit unseren Teams in Shanghai und in der Region. Zum anderen wird das Risiko des Fonds systematisch analysiert und durch monatliche Reports strikt überwacht. Konkret bedeutet dies, das Team zu vergrößern und interne Finanzmodelle zu erstellen. Wir können unsere Überzeugung hinsichtlich einzelner Aktien stärken, indem wir unser Team erweitern. Zum Beispiel haben wir vor Kurzem eine Senior-Analystin eingestellt, die den Pharma-, Einzelhandel- und Agrarrohstoffsektor abdeckt. Sie hat einen Doktortitel in Biochemie und als Pharma-Analystin auf Verkäuferseite sowie Hedge- Fonds-Managerin gearbeitet. Unsere Sektoranalysten erstellen für jede Kernposition im Fonds Modelle, die interne Einschätzungen zur Finanzentwicklung und diverse Szenario-Analysen enthalten. Wenn wir tiefergehende Fundamentalanalysen durchführen, können wir mit Sicherheit unsere Überzeugungen stärken. Üblicherweise investieren wir nur in ein Unternehmen, nachdem wir das Management getroffen und die Wertschöpfungskette ausführlich geprüft haben. Zudem müssen unsere Gewinnschätzungen 20 bis 30 Prozent über dem Marktniveau liegen, da wir glauben, dass der Markt seine Prognose im Laufe der Zeit erhöhen wird. Das steigert die Performance des Fonds. Die Überzeugung für einzelne Aktien durch eine neue eigene Branchendatenbank zu stärken Um uns einen Informationsvorsprung zu sichern und die wichtigsten Indikatoren für jeden Sektor zu identifizieren, werden wir eine eigene Branchendatenbank erstellen. Dafür sammeln wir zum Beispiel monatlich die Warenbestände verschiedener Autohändler in China. So können wir feststellen, welche Regionen und Modelle besser laufen als erwartet – noch bevor die Autohersteller ihre Halbjahreszahlen bekanntgeben. Im Rohstoffbereich werden wir zudem tabellarische Übersichten erstellen, die einen Überblick über Angebot, Nachfrage und Lagerbestände der einzelnen Rohstoffe geben. Die Politik der Regierung hat einen starken Einfluss auf die Entwicklung einzelner Branchen. Als wir den chinesischen Aktienmarkt seit seiner Neubewertung 2005 analysiert haben, konnten wir feststellen, dass die Performance der Sektoren im Laufe der Zeit extrem auseinanderklaffte. Regelmäßige Treffen mit Regierungsvertretern, Wirtschafts- beratern, unabhängigen Branchenexperten und in China ansässigen Aktienstrategen helfen uns, die Regierung besser zu verstehen. So können wir die Aussichten der einzelnen Branchen besser bewerten. F: Wie schätzen Sie die Marktaussichten für 2011 ein? A: Wir glauben, dass die Regierung immer noch sehr um die Inflation und die steigenden Immobilienpreise in China besorgt ist. Um die Inflation in den Griff zu bekommen, wird sie die Zinsen langsam weiter anheben und könnte auch den Mindestreservesatz für Banken erhöhen. Denn steigende Zinsen ziehen weiteres Geld ins Land, da sie eine Aufwertung des Renminbi erwarten lassen. Das bedeutet: Die Mindestreserve wird erhöht, um Liquidität aus dem System zu ziehen. Das Wirtschaftswachstum wird weiterhin positiv überraschen. Dafür sorgen ein solider inländischer Konsum und eine starke Zunahme der Anlageinvestitionen. Wir rechnen damit, dass sich die Börsen ab April besser entwickeln. Dann hat der Markt die weiteren Maßnahmen verdaut, die der Nationale Volkskongress beschließen wird. Wir glauben zudem, dass in einigen Sektoren Unternehmen mit höheren Gewinnen als erwartetet überraschen werden. F: Im vierten Quartal wuchs Chinas Wirtschaft mit 9,8 Prozent stärker als erwartet, dennoch ist die Inflation zurückgegangen. Inwiefern ist Letztere immer noch ein Thema in China? A: Inflation wird in nächster Zeit noch ein Thema bleiben, da die Lebensmittelpreise aufgrund schlechter Wetterbedingungen weiter steigen. Lebensmittel bestimmen zu einem Drittel den chinesischen Verbraucherpreisindex. Daher kontrolliert die Regierung die Kreditvergabe, da die Geldmenge M2 (Bargeld sowie Sicht-, Spar- und Termineinlagen) 2010 stark gestiegen ist. Sie wuchs in China um 20 Prozent. Für dieses Jahr peilt die Regierung einen Zuwachs von 16 Prozent an. Denn: Ein starker Anstieg der Geldmenge führt zu einer steigenden Inflation. Die Regierung wird das Kreditwachstum dieses Jahr sehr genau beobachten. Zum Beispiel hat sie bereits die Kreditvergabe an Bauträger eingeschränkt, um deren Cashflow zu begrenzen. Wir erwarten, dass sich die Bauunter- nehmen höher verschulden und ihre Objekte schneller verkaufen werden, um ihren Cashflow zu verbessern. Einige der hochverschuldeten Branchen werden negativ betroffen sein, aber grundsätzlich wird das für dieses Jahr erwartete Kreditwachstum von sieben bis 7,5 Billionen Renminbi die chinesische Wirtschaft um neun bis 9,5 Prozent wachsen lassen.
F: Ist die Marktbewertung attraktiv und jetzt ein guter Einstiegszeitpunkt für Anleger – auch angesichts der Straffung der Geldpolitik? A: Wir glauben, dass der Markt wieder attraktiv wird, vor allem der Bankensektor. Die Aktien werden im Schnitt unter dem Zweifachen ihres Buchwerts gehandelt – mit einer nachhaltigen Eigenkapitalrentabilität um die 16 bis 17 Prozent. Im A-Aktien- Segment werden Bankaktien sogar mit einem Abschlag von 20 bis 30 Prozent gegenüber dem H-Aktien- Segment gehandelt. Wie bereits erwähnt, erwarten wir nach der Tagung des Nationalen Volkskongresses im März eine weitere Straffung vor allem durch geld- politische Mittel wie das Anheben der Zinsen oder des Mindestreservesatzes. Außerdem ist eine Ausweitung der Immobiliensteuer möglich. Die Regierung hat die Steuer zunächst in Shanghai und Chongqing getestet und wird sie in einer zweiten Runde auf weitere Metropolen ausdehnen. Wenn alle Maßnahmen bekannt sind, eröffnen sich bessere Einstiegschancen in den Markt. Wir glauben, dass es in einigen Sektoren positive Überraschungen geben wird, wenn die Unternehmen ihre Zahlen für 2010 veröffentlichen. Insbesondere sollte die Petrochemie und der Zementsektor profitieren. Wir werden uns daher weiterhin in jenen Sektoren positionieren, die Überraschungen bei den Gewinnen versprechen und von den Maßnahmen der Regierung profitieren. Denn: Die Aktienperformance wird in China vor allem von Gewinnrevisionen und der Politik angetrieben.
Disclaimer: Diese Meldung ist keine Empfehlung zu einer Fondsanlage und keine individuelle Anlageberatung. Vor jeder Geldanlage in Fonds sollte man sich über Chancen und Risiken beraten und aufklären lassen. Der Wert von Anlagen sowie die mit ihnen erzielten Erträge können sowohl sinken als auch steigen. Unter Umständen erhalten Sie Ihren Anlagebetrag nicht in voller Höhe zurück. Die in diesem Kommentar enthaltenen Informationen stellen weder eine Anlageempfehlung noch ein Angebot oder eine Aufforderung zum Handel mit Anteilen an Wertpapieren oder Finanzinstrumenten dar.
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